Was ist eigentlich Qigong
Einführung in Qigong
Was ist eigentlich Qigong? Im Grunde eine recht banale
Frage, betrachtet man die zunehmende Popularität des Qigong und jeder
weiß ein wenig Bescheid. Bei genauerem Hinfragen wird es dann oft
deutlich dass es doch so klar nicht ist und wir hören Antworten wie:
"Das sind halt so Übungen, die man ganz langsam macht und die dann auf
die Energie im Körper, auf das Qi einwirken, so ähnlich wie
Taichi!"
Man nickt dann verständig - aber letztendlich wurden der Unbekannten x
nur noch y und z hinzugefügt, qi und taichi. Aber es ist halt viel
faszinierender wenn manches ein wenig mysteriös und geheimnisvoll
klingt. Das Folgende möchte dem Abhilfe verschaffen und will Sie zu
einem natürlichen Verständnis des Qigong führen und vielleicht entdecken
Sie, dass Qigong auch ohne geheimnisvolle Mystik viel Wunderbares an
sich hat.
Von westlichen und östlichen Seinskonzepten
Was macht das Ganze so geheimnisvoll? Vor
allem die Tatsache, dass chinesische Begriffe Ausdruck von chinesischen
Gedankenkonzepten sind, welche das fernöstliche Vorstellungsbild des
Seins ausmachen. Diese werden nun übersetzt und der übersetzte (und
damit westliche) Terminus mit einem westlichen Vorstellungsbild
interpretiert. Das Ergebnis ist entsprechend verzerrt und somit entsteht
denn auch ein verzerrtes Verständnis des Qigong.
Alleine der Begriff qi (lesen Sie hierzu auch die weiterführenden
Artikel "Qi - die Lebensessenz mit den vielen Fragezeichen" und "Qi,
Shen, Jing und mehr...") verwirrt. Hören wir von Energieströmen im
menschlichen Körper so haben wir zumeist folgende Bilder im Kopf: Strom,
Steckdose, Drähte etc.., denn primär hier nur kennen wir Energie, die
man nicht sehen kann, die aber dennoch jede Menge anstellt. Dem gesellt
sich denn schnell die Vorstellung eines Mr. Spok aus "Raumschiff
Enterprise" hinzu, der mir bloßer Berührung durch seine Energie den
gegner kampfunfähig macht. Soweit die Spekulation, zurück zur Basis:
Was bedeutet denn nun qigong?
Der Begriff qi an sich durchlief in China über die Jahrhunderte schon verschiedenste Interpretationen, doch wollen wir hier die gebräuchlichste verwenden, die der Lebens- oder Vitalkraft, das Agens, das "was etwas macht". Und damit treffen wir am ehesten den Grundgedanken von qi. Das chinesische Wort "gong" bedeutet soviel wie Übung, Arbeit, Beschäftigung mit, Kultivierung, Praxis etc. Somit können wir zusammenfassend sagen, dass qigong grob gefasst nicht anderes bedeutet als "energetisches Arbeiten". Manchem mag hier schon dämmern dass er/sie schon öfter Qigong gemacht hat ohne es zu wissen und tatsächlich, ja ich bin sicher, auch Sie haben schon Qigong gemacht! Haben Sie sich schon einmal in Ihrem Leben morgens gereckt und gestreckt? Dann, willkommen im Club der Qigong-Praktiker!
Der Begriff Qigong und die Hintergundaspekte
Der Terminus qigong taucht erst seit der Song-Dynastie auf. Dies ist relativ jung im Verhältnis zu der Tradition, auf die sich der Qigong-Praktizierende beruft. Die Tradition geht viel weiter zurück und tatsächlich finden wir Hinweise auf entsprechende Praktiken schon zu Zeiten vor unserer neuen Zeitrechnung. Gemeinhin lässt sich sagen dass es hierin um Übungen geht, die helfen sollen, gesund und möglichst lange zu leben. Bezogen hier jedoch vor allem auf eine Kultivierung des Seins, das sogenannte yangsheng. Die älteren Namen bzw. Synonyme für Qigong waren und sind tuna (Atemübungen) und daoyin (gymnastische Übungen). Atemübungen meint hier (tuna wörtlich übersetzt herauslassen und aufnehmen) die Reinigung und Vitalisierung des Körpers durch Atemmethoden, daoyin (wörtlich dehnen und strecken) meint gymnastische Übungen, die Muskeln und Sehnen durchlässiger für das qi machen. Einfach formuliert jedoch können wir weitergehen und Qigong als jede Praktik verstehen, die Einfluß auf unser inneres und äußeres Energiesystem nimmt. Zur traditionellen Qigong-Praxis zählten z.B. auch sexuelle Techniken, Ernährungsweisen, Aufnahme von Medikamenturen und wenn wir Fengshui recht verstehen, so ist dies auch nichts anderes als Qigong mit dem uns umgebenden Energiesystem, das Qigong mit dem Raum.
Wie unterscheide ich ein Qigong vom anderen?
Im Laufe von über zwei Jahrtausenden entwickelten sich natürlich viele verschiedene Traditionen und Schulen und um das ganze auseinander zu halten empfiehlt es sich, all diese anhand wesentlicher Kriteria zu unterscheiden. Die einfachsten sind die der prägenden Richtung und die des Ziel/Zweckes. So unterscheiden wir z.B.
Fojia - die buddhistische Schule,
Daojia - die taoistische Schule,
Kungjia - die konfuzianistische Schule und
die nichtphilosophisch/nonkonfessionelle Schulen des Qigong.
Eine andere Unterscheidungsform ist die Folgende:
- spirituelles Qigong (vornehmlich buddhistische und daoistische
Praktiken)
- scholastisches Qigong (Lebensführung, Humanität, etc.)
- medizinisches Qigong (Gesundheit bzw. Krankheitsbekämpfung)
- Kampfkunst-Qigong (den Körper widerstandsfähiger und effektiver
werden lassen)
Die einfachste Form der Unterscheidung ist:
Jinggong -Qigong ohne Körperbewegung
Donggong - Qigong mit Körperbewegung
Kommen wir noch einmal zu Ihrer
morgentlichen Streckübung, so können auch Sie diese nun besser
definieren: Es ist dem daoyin (dehnen und strecken) zugehörig
und dem donggong, dem Üben mit Bewegung, und da Sie damit weder
jemand umhauen wollten, noch Erleuchtung in früher Morgenstunde
erreichen wollten würde es am ehesten zum medizinischen Qigong
zählen.
Dies mag nun banal klingen, doch es ist in diesem Artikel meine Absicht,
die Natürlichkeit des Qigong ans Licht zu bringen und heraus aus dem
dunklen Mystizismus der Übernatürlichkeit. Sicherlich ist es
faszinierend wohin uns Qigong-Praktiken führen können, doch der
wesentliche Grund hierfür ist, dass wir uns so weit vom Natürlichen
entfernt haben, dass das Natürliche uns so schrecklich weit weg
erscheint.
Hören wir hierzu kurz Huangdi und Qi Bo, dem legendären Gelben Kaiser
und seinem Minister:
Huangdi: "Ich habe gehört, dass die Menschen früher hundert Jahre alt
wurden, ohne die normalerweise auftretenden Zeichen des Alters
aufzuweisen. Wie kommt das?"
Qi Bo: "In der Vergangenheit praktizierten die Menschen das Dao, den Weg
des Lebens. Sie verstanden das Prinzip des Gleichgewichts von yin und
yang, wie es sich in den Wandlungen des Universums
widerspiegelt...."
(aus dem "Lehrbuch des Gelben Kaisers", chin. huangdi neijing
Die verschiedenen Qigong-Formen vermögen uns, richtig unterrichtet und wohl praktiziert, zurückzuführen zu solch einer Natürlichkeit, indem wir unser Sein kultivieren - nicht als exotischer Ausflug aus dem Alltäglichen heraus, sondern natürlich und "im Fluss" mit dem Alltäglichen.